Fussballwunder im Laufental - 11 Freunde müsst ihr sein
(eine Reminiszenz an das verblichene Fussballtal in der Nordwestecke der Schweiz)

Wo jeder jeden kannte


Der Laufentaler Jura umfasst auf 182 Quadratkilometern das Birsgebiet von Angenstein bis zur deutsch-französischen Sprachgrenze zwischen Liesberg und Soyhières, das heisst das einstmals bernische Laufental und den Bezirk Thierstein, der zusammen mit dem Dorneck das Schwarzbubenland und seit Beginn des 16. Jahrhunderts die Territorialgrenze zwischen dem Fürstbistum Basel und Solothurn bildet.
Am 3. September 1846 wurde das ehemals fürstbischöfliche Laufental, das nach dem Sturz der alten Ordnung 1815 bernisch geworden und zum Distrikt Delsberg geschlagen worden war, 'in Berücksichtung der Stammes- und Sprachverschiedenheit zwischen dem Gerichtsbezirk Laufen und dem übrigen Teil des Amtsbezirks Delsberg', selbständig.


FC Laufen (Nationalliga B 1982 - 1986, Schweizer Amateurmeister 1981/82)
In jenen Tagen, als das Fundament des Fussballs noch wenig vom Geld verdorben war, sorgten Dorfmannschaften, deren Spieler meist aus eigenem Boden gehegt wurden, für veritable Wunder, bevor solche Märchen wie am Standort Laufen durch die Auflagen des Verbandes und eine neue Gliederung der Spielklassen verunmöglicht wurden.
Sport war auch im Städtchen an der Birs Kultur geworden. Das Erlebnis trug zur Solidarität der Bevölkerung bei, füreinander in der Gemeinschaft einzutreten.
Nach dem Nationalliga-Abenteuer und dem erstmaligen Abstieg in der Clubgeschichte war das Gefühl der Zugehörigkeit nicht gebrochen. Aber die Rezession zog ins Tal und die finanzielle Unterstützung der lokalen Wirtschaft blieb mehr und mehr aus. Das Interesse nahm ab, zumal die Freizeit für die Menschen jetzt neue Möglichkeiten bereithielt.
Das Aushängeschild, auf den die ganze Umgebung stolz gewesen war, hatte seine gesellschaftliche Bedeutung bald verloren. Der FC Laufen verblüffte niemanden mehr.
Laufen hat gemäss Volkszählung 4444 Einwohner - und im Gegensatz zur allgemeinen Ansicht kaum ein Hinterland. Im ganzen Bezirk zählt man 13000 Seelen - aus dem Jura stösst sicher niemand dazu, aus der französischen Nachbarschaft auch nicht und was nördlich von Angenstein liegt, orientiert sich nach Basel (...) Also nimmt das ganze Dorf (pardon - die Stadt!) Anteil am FC. Gewerbe und Industrie leisten im möglichen Rahmen Unterstützung, man merkt es an den Bandenreklamen. Dass selbst eine Partei permanent die Wähler anspricht, mag dazugehören - und dass es die 'Schwarzen' sind, gehört wohl zur lokalpolitischen Hackordnung. Es kommt noch etwas dazu, dass im gesamtregionalen Bereich vielleicht noch beim TV Möhlin zu konstatieren ist: Kein Laufener wäre über die Fussballer böse, wenn nach der guten Serie eine weniger gute käme“ (Der FC Laufen, ein Phänomen - Urs Hobi, Basler Zeitung 25.10.1982)
1. Liga-Rekordbesuch für Laufen am 25.4.1982 gegen den alten Rivalen Delsberg mit 3600. Im Aufstiegsspiel gegen den gleichen Gegner kamen 5500.

Das Gerüst zum modernen Laufen, das seinen Namen nach einem nahen Wasserfall der Birs trägt (denn Stromschnelle hiess im Mittelhochdeutschen 'Laufen'), wurde 1875 mit der Eröffnung der Jurabahn erstellt. Wo sich das Tal zu einem breiten Kessel weitet, tritt eine reiche Mergel- und Tonschicht mit einem grosszügigen Lehm- und Kalkvorkommen zutage. Zu Unternehmen mit internationalem Ruf avancierten ab 1925 aus der Tonwarenfabrik Laufen (1893) die AG für Keramische Industrie und die Ricola AG, die es vom kleingewerblichen Konditoreibetrieb zur Grossfirma brachte. Laufen fungiert als Dienstleistungszentrum für Verwaltung, Verkehr und Schulen.

FC Zwingen (Regional-Vizemeister 1981/82, Basler Cup-Sieger 1980/81 im damals gross aufspielenden 'Fussball-Dreieck' Laufen-Breitenbach-Zwingen)
Das Industriedorf an der Birsschlaufe unterhalb des Bezirkshauptortes, dem anfangs des 19. Jahrhunderts die Ansiedlung der Papierindustrie zu seiner Bedeutung verhalf, zählte zu dieser Zeit ca. 1350 Einwohner. Die 1913 gegründete Holzstoff- und Papierfabrik gehörte bis in die 90er Jahre zu den wichtigsten Arbeitgebern der Gemeinde.
Der Verein war am 13.3.1933 unter dem Vorsitz des Lehrers Werner Hof gegründet worden.

FC Grellingen 1973 - 1979 (Streichung 1980)
USC Aurora Grellingen 1969 - 1972
Nach der wirtschaftlichen Erschliessung des Birstales durch die Jura-Simplon-Bahn wurde die Seidenfabrik Schappe gegründet, die bis zu ihrer Schliessung 1972 mit der Ziegler Papier AG (1865) zu den bedeutenden Arbeitgebern der Region zählte.

FC Röschenz (Regionalmeister 1971/72, Basler Cup-Sieger 1962/63, 1966/67)

Wohl kein Zweitliga-Meister der Schweiz dürfte aus einer kleineren Ortschaft kommen als der Nordwestschweizer, wo sich wie schon 1971 mit Laufen erneut eine Berner Mannschaft durchgesetzt hat. Mit den Röschenzer Dorfkickern aus der nur 1100 Seelen zählenden Gemeinde im Berner Jura hat wohl bei Saisonbeginn niemand gerechnet (...) Zweck-Fussball, Kameradschaft und eine gute athletische Verfassung sind die entscheidenden Komponenten zum bisher grössten Erfolg. Erstmals war der FC Röschenz 1958/59 in der 2. Liga vertreten“ (Rolf Klopfenstein, BN 8.5.1972)
Der Boden in Röschenz galt als 'heiss': auf jedem anderen Platz wäre kommentarlos ein Penalty für die Gäste gepfiffen worden, aber bei diesem fanatischen und unsportlichen Publikum könne man es dem Schiedsrichter nicht übel nehmen, dass er ab und zu bei den Ansässigen beide Augen zudrückte, hiess es dazu in einem Spielbericht von 1971. Oder im gleichen Jahr: die Einheimischen zeigten wieder einmal ihre bekannt-berüchtigte 'Härte'. Manchmal verwechselten sie einfach die Beine der Gegner mit dem Ball

11.8.1962 Einweihung Sportplatz Fluh mit dem Spiel BSC Young Boys - FC Concordia Basel 9:1.
9.7.1983 50 Jahre-Jubiläum mit der Organisation der Alpencup-Partie Neuchâtel Xamax - FC Metz 2:3 vor 900 Zuschauern.
Einsätze in der Nationalliga A: Ernst Karrer (FC Grenchen, FC Luzern), Daniel Schnell (FC Basel), Theo Schnell und Roland Saner (FC Nordstern).
1987/88 musste der FC Röschenz - stellvertretend für Nachwuchsprobleme und den Niedergang des Fussballs im Laufental - nach 42 Jahren erstmals wieder den Gang in die vierte Liga antreten.

Hauptsächlicher Initiator war damals Marcel Cueni, der zu jener Zeit in Stans studierte und in den Sommerferien einen defekten Fussball mitbrachte (...) Gegen alle Vorurteile und Widerstände wurden Spiele mit Mannschaften aus den umliegenden Dörfern Dittingen, Kleinlützel, Wahlen, Zwingen, Duggingen, Zullwil und Witterswil vereinbart (...) Die Mehrzahl der Spieler gehörte noch dem Katholischen Jünglingsverein an (...) Am Silvesterabend 1932 fand im Restaurant Rössli die Gründungsversammlung eines eigenen Vereines statt“ (Webseite des Vereins)
So spielten die Gegner früher ab und an den Ball so oft ins Tal neben der Fluh, bis wir ihn nicht mehr fanden. Irgendwann pfiff dann der Schiedsrichter ab, und wir verloren forfait, da wir während dem Krieg nur zwei Bälle hatten (...) Die Rivalität zwischen den Clubs sei dannzumal gross gewesen. Vor allem die Duelle mit dem FC Ettingen sollen es in sich gehabt haben (...) Früher hätten er und seine Teamkollegen sich sehr darüber aufgeregt, als 'Bauern' bezeichnet zu werden (...) Bei Auswärtsspielen seien sie jeweils nach Laufen marschiert und hätten dort den Zug genommen, heute hat jeder einen Wagen“ (Erinnerungen der Spieler Georges Schnell und Xaver Karrer aus den 40er Jahren - aufgezeichnet von Georg Heitz in der BaZ vom 12.11.1996)
Apropos Rampasse: bei einem Treffen 1941 musste die Partie zehn Minuten vor Schluss abgebrochen werden, weil das auf den Platz eingedrungene Publikum die Ausführung eines Elfmeters verhinderte. Der Captain bedeutete daraufhin dem Schiedsrichter, die ihm zugedachten Schläge je nach Veranlagung seines Rapportes zu bemessen, worauf dieser einen solchen verständlicherweise unterschlug. Darf man sich die Atmosphäre auf den unebenen, wahrscheinlich schlechtgemähten Landwiesen früher also so vorstellen? Dass die Spielleitung - wenn es für die Heimmannschaft eng wurde - mit Unterstützung der Dorfgemeinschaft schon einmal daran erinnert wurde, doch bitte im Sinne des Wohlergehens aller zu entscheiden?


FC Riederwald 
Riederwald heisst einer von drei Ortsteilen der politischen Gemeinde Liesberg. Insgesamt viermal stieg der Fussball-Weiler in die 3. Liga auf. Prunkstück ist der seit 1958 im Eigenbesitz befindliche Sportplatz, auf dem 1989 anlässlich des 50jährigen Jubiläums des Fussballverbandes Nordwestschweiz der Basler Cupfinal ausgetragen wurde.
Derbycharakter hat vor allem die Begegnung mit dem fünf Kilometer Luftline entfernten Kleinlützel, obwohl die beiden Dörfer nicht dem gleichen Kanton angehören, aber auf dem Fussballplatz eine besondere Rivalität pflegen.
Im Restaurant Rütli wurde am 8.7.1937 der FC Riederwald gegründet (...) Trotz Maul und Klauenseuche konnte im Herbst ein Theaterstück aufgeführt werden: daraus flossen die ersten Fr. 70.- in die Vereinskasse. Als Fussballfeld diente ein zur Verfügung gestelltes Landstück in der Aumatte, auf dem Gebiet der heutigen Aluminium Laufen AG. Die Tore bestanden aus Tannenrundhölzern, das Netz aus Hühnerdraht. Inmitten des Platzes stand zudem eine Telefonstange“ (Webseite des Vereins)

FC Kleinlützel
Grösster Erfolg 1984, als der Verein nach Siegen über die Zweitligisten Liestal und Breite Basel unter die letzten vier des regionalen Cups vorstiess, wo er sich in Oberwil erst in der 118. Minute der Verlängerung geschlagen geben musste. Durch diesen Exploit gelang die Qualifikation für den Schweizer Cup.
Die Solothurner Exklave im Grenzland zum französischen Elsass liegt in einer Talerweiterung der Lützel an der internationalen Strasse zwischen Laufen und Puntrut.
Um 1940 begannen einige fussballbegeisterte Lützler auf dem 'Bärg' ihrem Hobby nachzugehen und schufen ein Spielfeld. Einmal pro Woche wurde trainiert und die Saison bestand aus Freundschaftsspielen - häufigster Gegner war der Nachbar FC Röschenz - sowie der Teilnahme an Turnieren. Nach der Gründung 1958 wurde die erste Saison ausser Konkurrenz bestritten, da die Aufnahme in den SFV zu spät erfolgt war“ (Webseite des Vereins)

FC Brislach 2015 - 2022
'Hornvieh' (wie die Brislacher mit Namen heissen) gleich neben dem Bezirkshauptort Breitenbach ist das Laufentaler Tor zu Thierstein und zum Passwang. Das Strassendorf mit dem alten Dorfkern auf der rechten Seite des Baches und den neuen Wohnquartieren auf der linken Seite wird durch die Lüssel zweigeteilt. Auch die stark befahrene Hauptstrasse führt mitten durch den Ort. Der erste Unternehmer auf dem 1963 umgezonten Industrieland war die 1966 von Rodersdorf gezügelte und 1997 Konkurs gegangene Hugo Fritschi AG (Fördertechnik).

FC Breitenbach (1. Liga 1961/62, 1964/65, 1966/67, 1971/72, 1980 - 1990/91; Basler Cup-Sieger 1991/92, 1995/96)

Der Bezirkshauptort des Thiersteins, der als Verkehrsknotenpunkt das Gebirge mit dem Laufental und das Lüsseltal mit Zwingen verbindet, stand 1984 gar in der Aufstiegspoule zur Nationalliga B. Nachdem die Solothurner zu Hause gegen den FC Schaffhausen vor knapp 2000 (!) Zuschauern 1:0 gewonnen hatten (Bild), ging das Rückspiel vor sogar 4300 Zuschauern mit 0:7 verloren.

Für Cup-Höhepunkte sorgten die Auftritte der NLA-Mannschaften FC Basel (1982), FC Grenchen (1985) und Neuchãtel Xamax (1986).
Für lokalpolitische Brisanz sorgte jeweils das Derby am Oberlauf der Birs der nur vier Kilometer auseinanderliegenden, in 'freund-feindschaftlicher Beziehung' stehenden Laufen und Breitenbach: „ein in kämpferischer Hinsicht nie aufsteckender FC Breitenbach konnte vor der eindrücklichen Kulisse von 1600 Zuschauern Nachbar und Tabellenführer Laufen einen Punkt abringen (Basler Zeitung 22.11.1982). Die Schwarzbuben blieben bis zum Umzug 1995 im Besitz ihres Sportplatzes.
Hauptsponsor war die 1903 vom damals 27-jährigen Alfred Borer-Kessler mit der Entwicklung der Elektroindustrie gegründete Isolationsfirma Isola, welche Beschäftigung ins Lüsseltal gebracht hatte.
Die Einweihung des erweiterten Sportplatzes am Südausgang des damals 1200 Einwohner und 1800 Industriearbeiter zählenden Dorfes fand im August 1947 statt und lockte über 2000 Besucher an.

Einsätze in der Nationalliga A: Arnold Hofer (1963 bis 1966), Hans-Jörg Lüdi (Erschwil, 1978 bis 1982) und Nicolas Hunziker (Büsserach, 2016 bis 2019).
Ein happiges Minus in der 2. Liga interregional-Saison 2002/03 führt zu einer Neuausrichtung. 2009 verabschiedet sich der Traditionsverein für vierzehn Jahre aus der höchsten regionalen Liga.